Melodic Radio – Mehr brauchen deine Ohren nicht! Mehr brauchen deine Ohren nicht!
Meine alte Stammkneipe, manchmal vermisse ich sie; die Jugendzeit in den 80ern war schon cool. Jung und noch voller Tatendrang und Träume, gute Musik und die Welt stand uns offen. Regelmäßig wurde das Schallplattensortiment mit Neuerscheinungen ergänzt. Die neuste Scheibe lief mindestens einmal jeden Abend durch, sowohl A- als auch B-Seite. Unter anderem war das im Jahr 1986 BONFIRE – Don´t touch the light. Ein klasse Album damals, schnell war es auch in meinem privaten Sortiment, die LP steht heute noch im Regal.
Mit der Zeit entwickelte sich BONFIRE zu einer bekannten Größe, es ging auf und ab. Irgendwie rückten aber andere Bands in meinen Vordergrund, jedoch verlor ich sie aber nie ganz aus den Augen.
Am 22.09.2023 wurden nun die ersten 3 Alben “Don’t Touch The Light”, “Fireworks” und “Point Blank” neu veröffentlicht. Von der aktuellen Besetzung neu eingespielt in der “MMXXIII”-Version – nur eben moderner und zeitgemäßer. Mein Interesse war geweckt, aber sehr zwiespältig, also hörte ich mir das erste Album an. Vorab schon die Worte: ein Review ist immer subjektiv – und das damalige Album mochte ich sehr. Unmöglich für mich, die neue Scheibe (ohne an die alte Fassung zu denken) unvoreingenommen zu bewerten.
Die aktuelle Besetzung von Bonfire sind am Mikrofon der Grieche Dyan Mair (AngelMora), an den Gitarren Hans Ziller (die Grundfeste der Band) und Frank Pané (Valley´s Eve, Sainted Sinners). Für den nötigen Groove sorgen der New Yorker Bassist Ronnie Parkes und der Drummer Fabio Alessandrini (Annihilator).
Mehr Info zur Band findest Du hier auf der Bandhomepage.
Bonfire haben in ihrer langen Bandgeschichte eine stattliche Anzahl an Alben veröffentlicht.
Die Liste der Alben und noch mehr Info zur Band findest Du hier auf Wikipedia.
Instrumentale Intros sind mein Ding, die Kombination Keyboards/Gitarren sind vielversprechend. Der Klassiktouch lässt viel erwarten, überrascht mich Bonfire gar gleich mit einem Tüpfelchen Symphonic Metal? Gut, dass das Intro im Gegensatz zur Vorlage von 1986 einen eigenen Namen hat, also kein Vergleich zu einer alten Version möglich. Yes – das ist ein Rising! Die Spannung steigt.
Satte Hardrockriffs starten die “Starin´ eyes”. Als dann die Stimme einsetzt, bin ich doch etwas überrascht: Bonfire goes Metal? Ganz anders als der letzte Sänger Alex Stahl oder gar damals Claus Lessmann. Irgendwie will das Ganze aber nicht so für mich passen, für Metal ist mir das zu melodisch. Was mir gefällt, sind diese verspielten Kleinigkeiten (die ich Frank Pané zuschreibe), und der Basslauf im Mittelteil. Doch die 86er Version steckt tief in mir drin. Wo bleibt der Charme der alten Bonfire, die Lessmann-Stimme klar im Vordergrund, mich immer etwas an Klaus Meine erinnernd?
Heiß auf Rock sind die Jungs auf jeden Fall, das spürt man. Aber auch hier will mir die Metalstimme zum restlichen eher Hardrock-ähnlichen nicht gefallen. Auch fallen mir die ersten leichten stimmlichen Schwächen auf, sicher nicht dramatisch, Dyan Mair muss sich vielleicht noch selbst finden und (ver)sucht sich noch. Ansonsten klingt der Song zeitgemäß, hinterlässt aber weiterhin ein großes Fragezeichen in mir.
Der Gitarrenanfang ist wohlgefällig, die Stimme wesentlich weniger aggressiv. Mein Eindruck aus “Starin´ Eyes” bestätigt sich, im Melodicbereich wäre Dyan Mair besser zuhause. Er bringt seinen eigenen Gesangsstil ein. Gut möglich, dass diese Version viele eingefleischte Fans und auch neue Hörer anspricht. Trotzdem tut mir irgendwie die Seele weh, zu viele Erinnerungen hängen an dem Song, an der weichen Lessmann-Stimme von damals. Die Ballade hat definitiv an Gefühl verloren, an der musikalischen Umsetzung gibt es nichts auszusetzen.
Auf dem Original Release war dieser für mich einer der schwächeren Songs. Endlich punktet die neue Mannschaft um Hans Ziller, der Sound holt mich ab. Ja, so muss für mich (als eher konservativem Hardrockfreund) heutzutage ein gutes Stück klingen. Gesang, Gitarren, Bass und Drums sind absolut stimmig – gut gemacht! Dyan macht meinem bisherigen Eindruck von ihm alle Ehre, echt stark und kraftvoll gesungen. Respekt!
Schöne Akustikgitarrenklänge und eine völlig weiche Stimme eröffnen den Song, der Übergang in die Strophe reißt mich mit, aktueller Hardrocksound. Auch wenn “Don´t touch the light” völlig anders klingt als damals, kann ich damit gut leben. Das geht definitiv als wertige Neuinterpretation durch.
Auch in meiner Jugend hatten wir Bedrohungen, die gibt es nicht erst seit gestern; allein das atomare Wettrüsten. Dieses gipfelte dann in S.D.I., die Strategic Defense Initiative während der Reagan-Ära, quasi die Star Wars der Zukunft. Für uns damals ein stets aktuelles Thema, das auch Bonfire berührte. Die Band fing die Gefühle, die wir bei dem Thema hatten, musikalisch passend ein.
Vermutlich ist es dem jungen Alter einiger der Bandmitglieder geschuldet, dass für mich dieses bedrohliche Gefühl in der Neufassung auf der Strecke bleibt. Sie wuchsen nicht damit auf. Entsprechend fällt die Interpretation aus, es wird ein Sternenkriegszenario intoniert – für mich ohne meinen damaligen Bezug. Nett, aber ich vergleiche – und da hat der Song verloren.
Wieder ein Song, der früher vorwiegend durch Lessmanns Stimme im Vordergrund getragen wurde. Die Neufassung klingt härter, die Vocals sind nicht mehr so sehr bestimmend. Ein Hardrocksong, kräftiger als die alte Fassung, ordentlich gespielt und abgemischt.
Das besungene Los Angeles kommt heute kräftiger rüber als die Originalversion. Es wurde gar nicht mal so viel verändert, das Gitarrensolo hat sehr hohe Qualität. Trotzdem beginnt mich gegen Ende der Song etwas zu nerven, er wurde dem damaligen Sänger auf den Leib geschneidert. Dyan gibt alles, aber das ist nicht seine Stimmlage, er hat Kompositionen verdient, die zu ihm passen.
Ich betone nochmals, ich war im Erscheinungsjahr des Originalalbums 22 Jahre alt, es war definitiv ein Highlight in meinem Freundeskreis. Die MMXXIII Version zu bewerten, ohne an die alten Zeiten zu denken, ist mir, man verzeihe es, nicht möglich. Mir schwirren da zwei Beispiele im Kopf rum, man nehme Genesis ohne Gabriel/Collins oder Deep Purple ohne Gillan/Coverdale. Lasse die Bands die alten Alben neu aufnehmen, meine Meinung würde vermutlich ähnlich ausfallen.
Eingefleischte Bonfire-Fans werden das Album definitiv in ihr Sortiment aufnehmen und auch loben, ein paar junge neue Hörer werden es teilweise lieben. Aber für mich bleibt am Ende weiter das große Fragezeichen. Wäre es nicht angeraten, Dyan, Frank, Ronnie und Fabio die Leinen zu lockern? Die Jungs haben echtes Potential, man merkt ihre Spielfreude. Sie könnten das bewährte Schlachtross Bonfire noch einmal richtig ins Rennen schicken.
Lies’ doch auch gerne unsere anderen Reviews – hier zum Beispiel über Stonemiller Inc.
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